Zweifingerfaultier-Nachwuchs

Schwerer Start für Zweifingerfaultier-Nachwuchs Lele

Am 11. September brachte unser Zweifingerfaultier-Weibchen Marlies nach elf Monaten Trächtigkeit Zwillinge zur Welt. Eine Zwillingsgeburt ist bei Faultieren sehr selten und stellt ein großes Risiko dar, da das Geburtsgewicht von Zwillingen relativ gering ist und der Platz auf der Mutter sowie die Milchmenge eigentlich nur für ein Jungtier ausreichend sind.

Durch regelmäßige Ultraschalluntersuchungen während der Trächtigkeit wussten wir, dass Marlies zwei Jungtiere erwartet. Daher wurden bereits im Vorfeld Maßnahmen getroffen, um nach der Geburt auf eine eventuelle Unterstützung bei der Versorgung der Jungtiere oder sogar eine Handaufzucht vorbereitet zu sein.

© Zoo Dresden, Anke Wolten-Thom

Die Geburt fand in der Nacht statt, so dass unser Tierpfleger-Team erst am Morgen vor Ort war und ein Jungtier auf dem Bauch der Mutter und das zweite Jungtier am Boden vorfanden. Das heruntergefallene Jungtier wurde daraufhin sofort in Obhut genommen und versorgt, jedoch verstarb es leider noch am gleichen Tag. Da bei Marlies kein Milchfluss beobachtet werden konnte und der Zwilling, den sie auf ihrem Bauch trug, nicht trank, entschieden wir uns noch am selben Tage den Nachwuchs in Handaufzucht zu nehmen. Für diese sehr aufwändige 24-Stunden-Aufgabe erklärte sich unsere Tierpflegerin Nicole Brzoska bereit, die bereits Erfahrungen mit Handaufzuchten anderer Tiere sammeln konnte. Mit einem Geburtsgewicht von 280 Gramm und ohne die wichtige erste Vormilch (Kolostrum) der Mutter waren die Startbedingungen für das kleine Faultier-Weibchen, welches den Namen Lele erhielt, nicht optimal. Normalerweise liegt das Geburtsgewicht von Faultieren bei ca. 400 bis 430 Gramm. Lele trank am Anfang nicht und wurde durch die Dehydration und eine Infektion immer schwächer und krank. Die sofortige ärztliche Behandlung mit Infusionen und Antibiotika sowie die Rund-um-die-Uhr-Pflege von unserer Tierpflegerin brachten nach langen Tagen des Bangens und Hoffens glücklicherweise den Umbruch.

Lele geht es mittlerweile gut. Sie ist gesund, trinkt gut und nimmt zu. Mit einem aktuellen Gewicht von 355 Gramm ist sie zwar noch zart, aber auf einem sehr guten Weg. Versorgt wird Lele von Nicole Brzoska sieben Mal am Tag mit Ziegenmilch, die sich als gut bekömmlich bewährt hat, aus einer kleinen Spritze mit Mininuckel. Zusätzlich gibt es kleine Häppchen von gedünstetem Gemüse, wie z.B. Süßkartoffel, Möhre, Kartoffel oder Zucchini. Letzteres mag Lele besonders gern. Da die Rund-um-die-Uhr-Versorgung des Faultier-Nachwuchses natürlich über die normale Arbeitszeit im Zoo hinausgeht, nimmt Tierpflegerin Nicole Brzoska Lele zum Feierabend oder an den freien Tagen mit nach Hause. Denn neben der Grundversorgung mit Milch und Nahrung ist für die Aufzucht, wie bei jedem Säugetier, auch der körperliche Kontakt, Wärme und Nähe für die Entwicklung und Gesundheit des Jungtiers sehr wichtig.

Karl-Heinz Ukena
Zoodirektor

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